31.05.2019 Arusha – Alltag in Tansania

Ein weiterer Bürotag stand an. Es ist für mich interessant zu sehen, wie einerseits die Technik in Tansania Einzug gehalten hat, andererseits manche Prozesse unglaublich langwierig sind.

Man könnte fast meinen, dass die deutsche Bürokratie sich in der ehemaligen Kolonie Deutschostafrika ausbreitet. Tansanias Präsident Magufuli – genannt der Bulldozer, regiert einerseits für unser Verständnis recht autokratisch und geht mit der Opposition und Kritikern nicht gerade zimperlich um. Projekte wie Straßenbau und auch der Staudamm im Selous werden kurzerhand durchgezogen, anscheinend ohne Rücksicht auf Verluste. Kritische Journalisten verschwinden schon mal, Lesben und Schwulen droht Gefängnis, Mädchen die ein Kind bekommen haben, ob durch freiwilligen Sex oder Vergewaltigung, bleibt ein weiterer Schulbesuch verwehrt. Andererseits macht er sein Versprechen wahr gegen Korruption vorzugehen. Bei der Polizei wohl noch nicht so erfolgreich, der Bildungsgrad der Polizisten ist wohl auch eher niedrig, massige Gestalt zählt mehr als gute Noten und ein hoher Schulabschluss. In anderen Bereichen merkt man aber die Veränderungen: Händler und Dienstleister sind mittlerweile verpflichtet Quittungen auszustellen und dem Kunden mitzugeben. Der Kunde muss diese auf Nachfragen der Polizei vorzeigen können, wenn er das Geschäft verlässt, die Straßenhändler und Marktverkäufer müssen ihre Steueranmeldung sichtbar tragen. So soll Schwarzgeld reduziert werden und die Steuereinnahmen steigen. Abgeschafft wurden die Wechselstuben, da dort offensichtlich Schwarzgeld getauscht wurde. In einer konzertierten Aktion wurden alle Wechselstuben gleichzeitig kontrolliert, Unmengen von US Dollar und anderen Währungen gefunden und die Stuben geschlossen. Geldwechsel ist nur noch in den offiziellen Banken und für kleine Beträge auch in den Hotels möglich. Auch an den Flughäfen gibt es noch eine Möglichkeit Geld zu wechseln, in Kilimanjaro im 24 Stunden Service. Alle Stellen müssen zum offiziellen Wechselkurs tauschen! Im autonomen Sansibar gibt es die Wechselstuben weiterhin, hier gelten teils andere Gesetze.

Die Safariunternehmen müssen die Eintrittsgebühren für die Nationalparks online entrichten und Datum und Personenzahl müssen genau übereinstimmen – es nimmt leider etwas Flexibilität und ist sehr zeitaufwendig. So aber wird gewährleistet, dass die Gelder auch bei der Nationalparkbehörde und nicht in den Taschen der Parkwächter landen. Manche Dienstleistungen müssen in den Büros gezahlt werden und Fransisca oder ein Vertreter muss mit Schecks oder Bargeld ausgestattet eine Rundtour in Arusha starten und die einzelnen Stationen abklappern.  Und das in Zeiten des Internets und Zahlsystemen wie das weit verbreitete Mpesa aus Kenia. Hiermit können Zahlungen über das Smartphone abgewickelt werden, für die man kein Bankkonto braucht. Ein solches haben viele Tansanier nämlich nicht.

Beim heutigen Besuch des Supermarktes (es gab Hähnchen Wrap und Grillgemüse) durfte ich mich weiter im Linksverkehr üben und habe Bonas riesigen Toyota gesteuert – wir sind heil wieder zurück gekommen;-)

Im Büro wartete dann schon ein junger Lehrer, der uns seine Projektarbeit vorstellen wollte und um Unterstützung warb. Ziel des Projektes ist die Stärkung von Kindern und Jugendlichen auf dem Weg in die Berufstätigkeit. Gesucht werden Talente, Kinder die über besondere Fähigkeiten verfügen und denen man z.B. eine künstlerische oder auch wissenschaftliche Karriere zutraut. Die angehenden Sänger, Tänzer oder auch Schönheitsköniginnen (es werden gerade 2 junge Damen auf die Miss Arusha Wahl vorbereitet) bekommen einen Mentor, der Ihnen neben den künstlerischen Fertigkeiten auch das mentale Rüstzeug mit auf den Weg geben sollen. Das Selbstbewusstsein wird gestärkt, der Umgang mit sozialen Medien – die hier genauso beliebt sind wie bei uns, mit denen aber sehr sorglos umgegangen wird – wird geübt und es wird darauf geachtet, dass die Kinder keinen Schaden nehmen. Seit die Organisation der Wahlen zur Miss Tanzania in den Händen einer Frau liegt, können die Mädchen recht unbeschadet durch den Wettbewerb gehen. Vorher lag das komplette Verfahren in den Händen von Männern und ich möchte mir nicht ausmalen, was manch einem Mädchen versprochen wurde und was es dafür auf sich nehmen musste. Fransisca hat bei einem der Aktionen mal einen Vortrag vor einer Mädchenklasse gehalten, den jungen Damen sollte ein Beispiel gezeigt werden, dass auch eine Frau mit einer eigenen Firma erfolgreich sein kann. Es braucht nur Mut, Ehrgeiz und Selbstdisziplin.

Mal sehen, ob wir ihn weiter unterstützen können,  meine letzte Spende ging ja an den Kindergarten und die Wohngruppe in Karatu, die vom Verein Kinder in Tansania e.V. aufopferungsvoll unterstützt wird.

Das Abendessen lief im gleichen Stil ab wie den Tag zuvor, aber ich wurde erst gerufen, als alle mit Beten fertig waren und auf dem Boden um das Essen herum saßen – geht doch;-)

Da ich am nächsten Tag früh raus muss, wollte ich noch duschen und habe gemerkt, wie kalt es abends doch wird. Wir haben tansanischen „Winter“ und Arusha liegt auf 1300 Metern Höhe. Die Häuser sind natürlich nicht isoliert und eine Heizung gibt es auch nicht. Jetzt hieß es noch Taschen packen und den Wecker auf 05:20 Uhr stellen. Morgen geht es auf Safari, was nichts anderes heißt als Reise.