29.05.2019 Arusha – Willkommen in der afrikanischen Großfamilie

Der Abflug mit KLM in Tegel war verspätet und Erinnerungen an meine Reise im Oktober 2017 wurden wach, als meine Eltern nach einem ebenfalls verspäteten Zubringerflug in Amsterdam gestrandet waren. Eine gute Stunde blieb mir also nur noch zum Umsteigen und in Amsterdam kann man ganz schöne Strecken zurücklegen. Erfreulicherweise war es bei Sicherheitskontrolle recht leer. Ohne Schmuck, Jacke, Schuhe und Gürtel geht man in den Ganzkörperscanner und nach 3 Sekunden durfte ich weiter. Ähnlich anonym läuft es bei der Passkontrolle – für die Europäer (bis auf einige Ausnahmen) komplett elektronisch. Man betritt eine Schranke, legt den Pass in einen Scanner, muss auf einen Bildschirm starren und wenn der Computer eine gewisse Ähnlichkeit feststellt öffnet sich die Schranke nach vorne und man darf in den internationalen Bereich. Vorbei am Duty Free und den Pralinen, auch für Käse aus Holland blieb keine Zeit – lieber mal Zähneputzen und aufs Klo und dann direkt in den Flieger der Kenya Airways nach Nairobi.

Der Sitzabstand ist erfreulicherweise großzügig bemessen, leider ging meine Rückenlehne nicht nach hinten zu stellen und die Maschine war bis auf den letzten Platz besetzt, so gab es keine Alternative. Immerhin saß ich am Fenster und hatte somit nur einen Nachbarn. Gesehen habe ich natürlich nicht mehr viel bei einer Abflugzeit von 20:35 Uhr. Ein paar Windräder von oben, eine schöne Sonnenuntergangsstimmung und hohe Wolkentürme, dann gab´s nix mehr zu sehen. Zeit sich dem Unterhaltungsprogramm zu widmen. Der neueste Film war glaube ich Bohemian Rhapsody und A Star is Born. Nix auf deutsch und englisch bei der Tonqualität mäßig zu verstehen. Also habe ich „The secret life of bees“ rausgesucht – Bienensummen versteh ich auch auf Englisch;-)

Das Abendessen war wie früher bei Oma, wenn wir Enkel zu Besuch kamen: Erbsen und Möhren, Kartoffelbrei, „Buletten“ und Soße – welcome to Africa!

Geschlafen habe ich nicht viel und habe die Aussicht genossen, nachdem wir Europa hinter uns gelassen haben, wurde es immer dunkler. Immer wieder faszinierend, welche riesigen Flächen in Afrika ohne künstliche Lichtquellen ausgestattet sind. Toll!

In Nairobi hatte ich nochmal knapp 2 Stunden Transferzeit, dann ging es mit Precision Air in einer Propellermaschine zum Flughafen Kilimanjaro und gleichnamiger Berg ragte doch tatsächlich für eine Fotolänge aus den Wolkenfeldern hervor. Es gibt noch Schnee auf dem Kilimanjaro!

In Tansania gelandet, bekam jeder Passagier auf der Stirn Fieber gemessen (Vorsorge wegen Ebola im Kongo), musste sich die Hände desinfizieren und durfte dann in das Flughafengebäude zur Einreise. Da bei Precision keine Einreiseformulare verteilt werden, mussten alle erstmal zum Schreiben und ich konnte mit meinem elektronischen Visum, dass ich mir mühsam über den Onlineweg erkämpft habe, zum Schalter vorgehen. 3 Seiten müssen vorgelegt werden – neben der Visa Grant Notice und der Entry Declaration Form auch noch das Anschreiben der Visaerteilung:

RE: Visa Application Notification. Ich habe mal gefragt, wie lange es das Visa on Arrival noch gibt und die Antwort war: „bis Juni“. An der Aussage darf gezweifelt werden – wir versuchen auf der Reisemesse am 7.6. genaue Informationen zu bekommen.

20 Minuten nach Landung (Rekord!!!) war ich mit Gepäck draußen und wurde von meiner Partnerin Fransisca und Ihrer Schwester Bona empfangen. Die Fahrt nach Arusha verlief reibungslos und „Oh Wunder!“, es gibt neue Straßen in Arusha – aus Teer!!! Nachdem Fransisca aus ihrem alten Haus im März umgezogen ist, gibt es selbst dort die lang ersehnte geteerte Zufahrt – jetzt für uns zu spät! Eine neue Umgehungsstraße gibt es auch, die Reisenden auf der Fahrt vom Kili Airport in Richtung Tarangire oder Serengeti, das Verkehrschaos von Arusha erspart. Was die Chinesen nicht so alles erledigt haben, während meiner kurzen Abwesenheit!

Wir sind trotzdem noch nach Arusha reingefahren, Fransisca musste noch Tickets für Kunden bei Air Tanzania bezahlen. Damit kann man auch schon mal eine Stunde zubringen – bei der Bank mittels Scheck Bargeld abheben und dieses dann bar einzahlen (da war es endlich wieder: Pole Pole! Ich bin angekommen;-)

Da wir gerade vorbei kamen, haben wir uns noch die Ausstellung „Tanzanite Experience“ angesehen. Hier erfährt man wie und wo die extrem seltenen Edelsteine abgebaut werden und kann sie auch gleich käuflich erwerben – wenn man die ausreichende Deckungssumme auf seiner Kreditkarte zur Verfügung hat.

Gegen Mittag kamen wir dann endlich in Fransisca Haus und Büro an. Ein etwas schlechtes Gewissen hatte ich, als ich mit Bona etwas zu Mittag gegessen habe, während Fransisca und Ihre Schwiegereltern, die zum Ramadan zu ihnen gezogen sind, fasten mussten. Schön aber, dass die Religionen hier friedlich zusammen leben. Fransisca ist christlich aufgewachsen und mit der Hochzeit zum Islam konvertiert. Die Schwestern und der Bruder Gustav (wie mein Opa) sind Christen geblieben.

Wir haben dann noch ein bisschen gearbeitet, mit Blick auf die Handwerker, die im Hof noch an den Möbeln für das neue Haus werkelten, aber so richtig effektiv war ich nicht – war doch eine sehr kurze Nacht.

Gut für die fastenden Muslime ist ja, dass die Sonne bereits um 18:30 unter geht und man früh Fasten brechen kann. Es wurde ordentlich „aufgetischt“ – da der Esstisch noch nicht fertig ist standen die großen Schüsseln mit Suppe, gekochtem Yams, Reis, Salat, Gemüse und Fisch, frischer Saft, Kaffee und Tee für 10 Personen auf dem Boden. Jetzt war ich aber so richtig angekommen: die Kinderfinger erst im Fisch und dann auf dem Lego, Tee floss über die Plastikdecke (leider aus geflochtenem Material mit „Ausgang“ zum Teppich), die Gräten aus dem Fisch werden wieder ausgespuckt und alle lassen es sich beim Essen mit den Fingern hörbar schmecken. Meine Großfamilie in Afrika!

Ich liege schon im Bett und schreibe – und wärme mich auf, es ist schließlich „Winter“ hier -während die anderen in die Moschee gegangen sind. Aber jetzt muss ich schlafen, morgen geht´s weiter!