Fransisca und Heriel haben abends beschlossen, nicht noch mal in die Höhe zu steigen. So zogen Linda und ich allein mit Sixtus und Khalfan los, um die wunderbaren Verwandten im dichten Grün zu finden. Als wir um 08:00 Uhr mit dem Boot im Camp los fuhren, dachte ich noch, dass es heute ja nicht so warm würde, da wir ja schon früh unterwegs waren. Weit gefehlt! Wir nutzten noch das WLAN im Rangerhauptquartier und brachen um kurz nach 09:00 Uhr auf. Vorbei an dem neuen Wohnhaus für die Ranger und Trekker, das gerade fertiggestellt wird, vorbei an den derzeitigen Häusern – der deutsche Tierschutz würde diese wahrscheinlich nicht mal als Hühnerstall genehmigen. Vergitterte Verschläge, schmuck- und farblos, aber Besserung ist ja in Sicht. Eine kurze Strecke ging es am See entlang, bevor der unvermeidliche Aufstieg begann. Nachts hatte es ein heftiges Gewitter gegeben, dass man im Zelt ganz intensiv erlebt und ich fürchtete, dass wir uns jetzt auf eine Rutschpartie begeben, aber es war nur an einigen Stellen schwierig und glatt, am steilen Berg läuft das Wasser schließlich bergab.
Kurz nach den ersten Steigungen lief uns wieder der Schweiß und wir merkten auch, dass unsere Beine nicht ganz so frisch waren, wie gestern. Die Schimpansen waren noch nicht gefunden, so entschieden Khalfan und Sixtus auf den mittleren Hügel aufzusteigen. Eine schweißtreibende Angelegenheit. Ab und an bot die Landschaft schöne Fotomotive – eine willkommene Pause;-). Unsere beiden Begleiter beschlossen getrennte Wege zu gehen, um die Wahrscheinlichkeit einer Affensichtung zu erhöhen, da kam die Nachricht von einem der Trekker, dass die Schimpansen gesichtet wurden. Jetzt ging es noch schneller bergauf und teils „querwaldein“, um rechtzeitig anzukommen, bevor die Schimpansen wieder weiterziehen. Wir kamen in offenem Grasland an – ziemlich fertig und sahen die Schimpansen auf dem gegenüberliegenden Hügel;-( Leider gab es keine Brücke oder Seilbahn, also wieder runter, teils durch den Busch, sodass sich das Trekking zu einem Ganzkörperprogramm ausartete. Bücken, kriechen, klettern über den Bach springen und dann wieder bergauf. Knapp zwei Stunden nachdem wir aufgebrochen sind, haben wir die Schimpansen erreicht und sind ein Stück hinter ihnen hergelaufen. Endlich ließen sie sich in und unter einigen Bäumen nieder. Die Großen lausten sich und die Kleinen tobten durch die Bäume und wir waren froh uns auch endlich unter einen schattigen Baum zu setzen. Es ist wirklich unglaublich spannend sie zu beobachten – der Eine ist schüchtern, ein anderer neugierig oder faul oder frech. Ich bekam wieder Besuch von einem Schimpansen, der sich knapp 2 Meter neben mich setzte und mich eingehend betrachtete: „watching you watching me!“ Uns rutschte fast das Herz in die Hose, als die Affen plötzlich kreischten und losrasten, teils nur 50 Zentimeter vor und hinter uns vorbei. Gott sei Dank galt die Aufregung nicht uns, sondern war offensichtlich ein innerfamiliärer Streitfall.
Schnell hatten sich die Gemüter beruhigt und jeder ging wieder entspannt seiner Beschäftigung nach. Ich hätte den ganzen Tag dort sitzen können, die Affen fotografieren, ihre Gesichter studieren und das Sozialverhalten beobachten. Leider zogen die Affen nach einer Weile weiter und wir folgten ihnen bis sie im dichten Gebüsch verschwanden. Wir beschlossen sie in Ruhe zu lassen, nahmen die Abkürzung durch den Wald, bis wir wieder auf einen Affen-Trampelpfad stießen und den Rückweg antraten. Unser Weg führte uns auf dem Wald heraus und es bot sich wieder eine traumhafte Aussicht – wie ich Jane Goodall verstehen kann, dass sie hier nicht wieder wegwollte. An einem sehr engen Stück des Weges, saß auf einem Baumstamm thronend ein stattlicher Pavian. Linda und ich waren der Meinung, es sei keine gute Idee, an ihm vorbeizugehen – wir hätten uns ihm auf einen halben Meter nähern müssen, rechts und links war es steil, sodass wir ihn nicht umrunden konnten. Er war sehr entspannt und zeigte beim Gähnen sein eindrucksvolles Gebiss. Unser Ranger Khalfan betonte immer, dass die Paviane auch an Menschen gewöhnt und harmlos seien, schien aber nicht unglücklich, dass wir stehenblieben, um erst mal ein paar Fotos zu machen und meinte dann, er würde eigentlich auch lieber warten. Der Pavian schien zufrieden mit seiner Rolle als Fotomodell und entfernte sich glücklicherweise recht flott, sodass wir unseren Weg fortsetzen konnten. Als wir auf einem fast gemütlichen, offensichtlich von Menschen angelegten steinigen Weg trafen, wurde es ein lockerer Spaziergang – aber heiß, es gab kaum noch Bäume und die Sonne stand hoch am Himmel.
Plötzlich hörten wir Stimmen – mehrere Gruppen tansanischer Studenten bekamen die Möglichkeit mit dem Boot von Kigoma in den Park zu fahren und die Schimpansen zu besuchen. Was hatten die für ein Glück, dass die Schimpansen scheinbar uns gefolgt waren (es war natürlich Zufall;-) und sie nicht mehr weit laufen mussten. Mit der Kleidung und dem teils abenteuerlichen Schuhwerk hätte manche Dame eher auf einen Abiball als in den Busch gepasst. In Flip-Flops, Sandalen und Slippern aus Gummi zum Schimpansen Trekking – auch eine Variante;-). Sie machten schnell ein paar Selfies mit Schimpansen, Sätze wie: „ach so sehen die aus“ oder „so groß sind die!“ und schon wurde sich Wichtigerem zugewandt – einem Gruppenfoto mit Wazungu, sprich mit Fremden. Vor allem die jungen Männer brauchten dringend Fotos mit uns und wir hatten mehrere Fototermine – als Gruppe, nur mit 2 jungen Männern, nächste Gruppe – wirklich lustig. Nach gut 5 Stunden waren wir endlich unten angekommen. Linda wollte eigentlich noch zum Wasserfall und Janes Hügel, wo die Forscherin täglich Stunden verbracht hat, um die Schimpansen zu suchen. Es war aber schon 14:00 Uhr, wir hatten nur gefrühstückt, dunkle Wolken zogen auf und die Aussicht nochmal mindestens eine Stunde bergauf zu laufen, löste bei mir keine Begeisterung aus. Wir wollten auch noch die Unterkünfte anschauen, die von Tanapa (also den Nationalparks) zur Verfügung gestellt werden.
Im Ranger Hauptquartier gibt es 3 sehr einfache Zimmer, ein Stück weiter 4 schöne, neue Safarizelte mit Blick auf den See, dazu ein Essenszelt. Für die Verpflegung muss allerdings selbst gesorgt werden, es besteht wohl aber auch die Möglichkeit bei den Rangern eine Mahlzeit zu bekommen. Dann wird noch ein „Resthouse“ vermietet – die 2. Unterkunft, die Jane Goodall in Ihrer Zeit in Gombe hatte – sehr, sehr einfach und nicht empfehlenswert.
Jane hatte später ein größeres Haus bauen lassen, ebenfalls sehr einfach und ohne großen Luxus. Wir spazierten auch zu diesem Haus und Sixtus rief irgendwas auf Suaheli, was mich sehr verwirrte, denn ich dachte nicht, dass das Haus bewohnt sei. Es erschien ein älterer/alter Mann in einem Wickelrock und wurde uns als Dr. Antony vorgestellt. Es handelt sich um Anthony Collins aus Schottland, der seit über 30 Jahren in Gombe lebt. Er betreibt dort Pavianforschung und ist mittlerweile ein enger Mitarbeiter und wohl auch Vertrauter von Jane. Er bat uns ins Haus und wir hatten die Möglichkeit uns längere Zeit mit ihm zu unterhalten, über Jane, die Forschungen, das Leben in Gombe, Umweltschutz und sonstige Themen. Wir hatten genügend Zeit uns umzuschauen. Das Wohn- und Arbeitszimmer war voll mit Büchern, Broschüren, Karten, Knochen und sonstigen Forscherutensilien – ein sicherlich wohlgeordnetes Chaos. Daneben die Küche, nur durch eine Art Durchreiche getrennt. Dahinter ein Gang, der zu den Schlafzimmern und wohl auch Badezimmer führt. Das Schlafzimmer von Jane ist sehr einfach – ein Bett und 2 Fenster, vergittert aber ohne Mückenschutz. Hier schläft sie immer noch wenn sie nach Gombe kommt – das letzte Mal wohl vor einem Monat – obwohl es die weitaus schöneren Zelte oder auch das Mbali Mbali Camp gibt, in dem wir wohnten. Es ist wirklich bewundernswert, wie sehr Jane und auch Dr. Anthony, der auf mich immer mehr wie Mahatma Ghandi wirkte, Ihr Leben erst der Forschung und dann dem Naturschutz widmen. Mit 85 Jahren reist sie immer durch die Welt (und nach Gombe) um ihre Botschaft im Sinne der Natur zu verkünden.
Endlich zurück im Camp gab es endlich Lunch für uns und danach ein Bad im erfrischenden See. Am Ufer hatte sich eine größere Gruppe Paviane eingefunden, die Falter und andere Insekten fingen, wirklich unterhaltsam wie sie rumhüpften und mit großem Geschick die fliegenden Insekten aus der Luft fingen.
Zum Sonnenuntergang wurden bei den Rangern noch die wichtigsten Emails beantwortet und dann am Lagerfeuer der Sternenhimmel bewundert.
Ein weiterer erlebnisreicher und wunderschöner Tag ging zu Ende – lala salama oder auch Gute Nacht.